Sonntag, 14. Februar 2010

Indien

15.02.2010 * Kolkata



Wir sind in Kolkata gelandet. Und jetzt sind wir schon zu fünft, da sich der Sepp angeschlossen hat. Er durfte erstmal gute 16 h am Flughafen auf uns warten und war froh, als wir tatsächlich landeten ;)

Die Stadt ist irgendwie hässlichschön oder irgendwie eher weniger...ansehnlich. Der Smog ist dicke (Anfangs hofften wir noch es seien Wolken), die Strassen sind voll, laut, dreckig, schräg, hecktisch...lange werden wir nicht bleiben. Morgen weiter nach Varanasi, das ist dort, wo sich die Hindus im heiligen umkippenden Fluss (dem Ganges) reinigen oder ihre Leichen schwimmen lassen...ja die gehen ab die Inder.

Wenigstens ist es nicht langweilig. Nachdem unsere Reiselust etwas nachlies (JedeR durfte mindestens eine Reisekrankheit durchleiden), kommen wir gerade aus dem Staunen nicht mehr raus und freuen uns immer mehr, das Land zu bereisen. Es ist im übrigen auch nicht mehr so heiss, nur noch 26 Grad, also sehr angenehm.

Indien ist krass und anders. Schon unsere Unterkunft! In dem verwinkelten Haus, wo wir ein erfreulich gutes Zimmer gefunden haben, befinden sich mehrere Hotels, eine Disco und irgendwo dazwischen verschiedene Privatwohnungen...wir haben mindesten 3 Wege gefunden, um übers Dach auf die Strasse zu kommen. Als wir heute dem Victoria Memorial (ein wunderbar imposantes, imperiales Monument mit einer etwas dicklichen Victoria davor) einen Besuch abstatteten, kamen ständig irgendwelche Inder auf uns zu um sich mit uns ablichten zu lassen. Das Tourismusprinzip wurde umgedreht. Es war lustig und wir haben mitgemacht.

...

Das Essen ist grossartig und macht zur Abwechslung auch mal nachhaltig satt.

Liebe Grüsse,
Melinda, Robi, Sepp, fine und Henrik


19.02.2010 * Varanasi




Indien in vollen Zügen genießen! Den Bahnhof von Kolkata mit dem Taxi anzufahren ist anstrengend und langwierig. Sich auf dem Bahnhof zurechtzufinden, ist ein Abenteuer. Eine Million Menschen um uns herum (grob geschätzt), keine Info und weite Wegstrecken brachten uns ganz schön ins schwitzen. Die 12 h im Schlafabteil verbrachten wir nahezu ohne Schlaf, da alle 10 min "CHAI" schreiende Teeverkäufer durch den Zug marschierten, ständig fremde Menschen auf unseren Liegen Platz nahmen oder uns penetranter Uringestank entgegen wehte.

Varanasi ist beeindruckend. Die heiligste Stadt für Hindus, mit einem heiligen Fluss und viele heiligen Kühen. So viel Heiligket hat sogar Robis Notebook reinkarniert. Es funzt jetzt wieder und das ohne ein heiliges Bad im Ganges. So eine Stadt zieht nicht nur westliche Touristen (viele viele Hippis und barfüssige Hare-Krishna-Fans) an, sondern auch Pilger. Die Stadt fesselt. Die Altstadt mit ihren engen und verwinkelten Gassen und den vielen Gerüchen (Gewürze, Essen, Räucherstäbchen, Ausscheidungen uvm.). Die Atmosphäre am Flussufer ist bunt und quirlig. Pilger nehmen ihre sündenbefreienden Bäder, Touristen fahren in überteuerten Booten den Ganges auf- und ab, Tiere plantschen im Wasser (lebendig und weniger lebendig) und nebenan werden die Toten verbrannt. Die sogenannten Verbrennungsstellen sind ein etwas morbide anmutender Besuchermagnet und wo viele Touris sind, da ist auch der Chanellbrillentragende Spendensammler nicht weit (der Geld für nicht existierende Hospize einzutreiben versucht). Für die Verbrennung am heiligen Fluss müssen die Inder ordentlich Geld hinblättern, wer nicht so viel hat, lässt seine toten Familienangehörigen im Elektrorematorium einäschern.


Dass der gemeine Tourist leider kaum in Ruhe am Wasser oder durch die Stadt spazieren kann, ohne alle paar Meter Drogen, Boote, Massagen, Stoffe, Kleidung uvm.angeboten zu bekommen, ist schade. Der gelebte Konsum der ersten Produktreihe erklärt uns die 330.000 Gottheiten (Shiva, Vishnu und Brahma, sowie den vielen Reinkarnationen, Töchtern und Söhnen).


Auch fällt immer wieder der unangenheme Androzentrismus der indischen Gesellschaft auf. Frauen haben hier nicht viel zu melden. Die Tochter einer muslimische Familie, die wir im Zug kennenlernten, erzählte uns, dass ihr Bruder keine Frau haben wollte, da diese Tiere s, kein Spass :(. Männlichkeitsgehabe auch in den engen Strassen von Varanasi. Wir blieben in einem Engpass für mehrere Minuten stecken, da unser Taxifahrer partout nicht einem entgegenkommenden Autofahrer platz machen wollte. Man(n) hat das ganze also ausgesessen, bis sich bereits ein ordentlicher Stau gebildet hat. Da konnten wir nur staunen.


Am Samstag geht es für uns weiter nach Agra, zum Taj Mahal, wo wir am Sonntag ankommen werden. Ab dort wird Gregor (Henriks Bruder) mit uns weitereisen.


so long


fine, robi, m, sepp und henrik

21.02.2010 * Agra
Volle Züge sind laut. Unsere 2. Nachtfahrt zog sich länger hin als geplant und war lauter als gewünscht. Egal, es war die Letzte, ab jetzt fahren wir nur noch tagsüber und kürzere Strecken. Am Bahnhof in Agra holte uns Gregor (Henriks Bruder) ab, nun sind wir zu 6. unterwegs.

Die meisten Reisebücher empfehlen Agra nicht länger als notwendig zu besuchen. Und das stimmt! Laut, dreckig, voll, hässlich und unangenehme Männerhorden (da möchte Frau nicht alleine Reisen). Also haben wir das was Agra berühmt macht an einem Tag abgearbeitet. Das Taj Mahal und das Rote Fort. Beides äusserst schön. Mehr wollten wir nicht sehen und sind flot wieder weg (auch wenn unser 6 Uhr Zug erst um 11 Uhr eintrudelte).

22.02.2010 * Jodhpur



Wir sind in Rajasthan angekommen. Im Indien für Anfänger. Hier werden wir die nächsten 2,5 Wochen umher reisen. Unsere erste Station ist Jodhpur, eine grosze Perle in der Region. Weniger touristisch und doch touristisches Highlight. Die Altstadt ist bis ins kleinste verwinkelt (damit angreifende Elefantenhorden nicht einfach so die Festung überrennen) und die Häuser sind indigoblau gestrichen (Farbe der Brahmanen und gut gegen Moskitos). Wir schliefen in einem alten, zum Hotel umgebauten Handelshaus, also mit Stil. In der Festung Meherangarh wohnte bis 1943 noch ein Maharaja, heute ist es ein Museum mit beeindruckenden Devotionalien. Ein Ort zum Erholen und das benötigen wir im Moment auch dringend. Die Reisekrankheiten greifen immer wieder um sich. Zeitweise waren fünf von uns sechs betroffen.

Am letzten Abend haben wir uns mit zwei jungen indischen Medizinern, die wir im Zug kennenlernten, zum Essen getroffen. Die beiden wählten den Ort, ein Ressort für die besserbetuchte indische Mittelklasse. Ein Festmahl war das. Davor und danach zeigten Darsteller Zaubertricks, es gab auch Puppenspiel und Begrüssungsgesang mit Tanz...da war viel indischer Kitsch dabei.;)

25.02.2010 * Jaisalmer

Wir sind mitten in der Wüste Thar in der goldenen Stadt Jaisalmer. Morgen reiten wir auf Kamelen raus in die Dünen.

27.02.2010 * Jaisalmer



Zurück aus der Wüste. Sepp hat ein Skorpion in den grossen Zeh gestochen und uns allen schmerzen die Körper. Kamelreiten ist wohl für Ungeübte kein Spass. Staubig und schön war es denn doch, aber mehr wollten wir dann auch nicht erleben. Wir hatten den touristischen Luxus, auf dem kalten Wüstenboden schlafen zu dürfen. Die Kameltreiber hingegen legten sich auf bequeme Holzbetten.

01.03.2010 * Mt. Abu



holī holī holī macht bunt. Beim indischen Frühlingsfest sind westliche Touristen beliebte Zielobjekte. Und davon gab es nur wenige. Mt. Abu ist wohl der populärste Urlaubsort für die indische Mittel- und Oberschicht. dementsprechend wurden wir oft als Fotomodel genutzt oder einfach nur ausdauernd angestarrt.
Auch hatte Mt. Abu den schönsten, aller Tempel die wir in Indien gesehen haben, ein Jain-Tempel.

04.03.2010 * Udaipur

Gregor ist auf den Weg zurück nach D, wir reisen nun wieder zu fünft. Udaipur hat Tempel, Palast., See..schön...schon gesehen...wir hängen auch gerne viel rum. Außer Sepp, der kaufte sich eine Mischbatterie und einen Handtuchhalter, also eigenwillige Mitbringsel



09.03.2010 * Jaipur → Delhi → ENDE


Indien ist voll, Indien ist laut, Indien ist krass und das vom ersten bis zum letzten Tag. Erinnern werden wir uns an die vielen Tempel und Paläste, prächtigen Farben, trickigen Verkäufer_innen, Bettler_innen, drängelnden Inder_innen, den allseits gegenwärtigen Gestank nach Urin und wiederaufbereitbaren heiligen Dung der vielen Heiligen (Kühe), der generellen Heiligkeit, die vielen Affen, die ständigen Reisekrankheiten usw. Diese kulturellen Differenzen, wie Robi es bezeichnete, führten auch mal zu verzweifelten Urschreien im überfüllten Lokalbus. Wohl ein sehr einprägsames Indienerlebnis war die indische Morgentoilette, bei Sonnenaufgang bewegt sich das halbe Land zu den Bahngleisen und hat dort Stuhlgang. Wir konnten das Spektakel von unseren Fensterplätzen im Zug sehr gut beobachten.

Nach knapp einem Monat Indien können wir nur bestätigen, dass Indien als eines der am schwersten zu bereisenden Länder gilt. Besonders für Frauen! Der männliche Chauvinismus ist sehr oft erlebbar und steckt tief in der indischen Gesellschaft, das ist nicht schön. Zum internationalen Frauentag hat der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes vorgeschlagen, dass Vergewaltiger zur Strafe ihre Opfer heiraten sollten. Ein Schelm wer böses über Rollenverteilung in Indien denkt, schließlich dürfen Frauen am Frauentag umsonst mit dem Bus fahren. Die haben es gut.

Nach einem Jahr reisen reicht es nun auch. Wir freuen uns, bald nicht mehr ständig die Schlafplätze wechseln zu müssen und 20 Kilo Rucksäcke zu schleppen (Melinda ist gerade bei 23 kg, wohl zu viele Souvenire ;). Wir wollen warme saubere Betten, Ruhe und Ruhe. Die Vorstellungen, was wir zuerst und in großen Mengen speisen werden sind vermehrt Thema. Tiefkühlpizza, Döner, ungarische Salami und ein französischer Käseabend sind die jeweiligen Favoriten. Indisch werden wir wohl erstmal eine Weile nicht mehr essen gehen.

Robert und Melinda sind bereits heute morgen nach Delhi gefahren, Sepp, fine und Henrik folgen ihnen morgen. Von Delhi aus fliegen wir am Freitag über Helsinki zurück. Am Samstag werden wir in Berlin landen.

Danke liebes Tagebuch fürs zuhören.

THE END